In meinem letzten Schuljahr angekommen, liegen noch genau drei benotete Aufsätze vor mir, die ich jeweils in vier Stunden zu schreiben habe. Und auch wenn ich zurück blicke, sehe ich das, was man eine sehr Aufsatzlastige Vergangenheit nennen kann. Möglicherweise und wahrscheinlich nicht mehr als andere Schüler, aber trotzdem genug. Ich bin Literaturfreund und ich liebe Gedichte, weil sie dich in wenigen Worten eine Menge fühlen lassen. Aber eine verfluchte Beschreibung dieses oder jenes sprachlich-stilistischen Gestaltungsmittels, damit kannst du mich jagen. Um mein Ziel – eine einigermaßen gutes Abitur – zu erreichen, brauche ich aber eben ein bisschen mehr, als nur vier Punkte in einer Deutschklaursur.

Im Grunde ist das auch kein Problem: ich bin nicht schlecht in Deutsch, halte mich konstant im zweier Bereich auf und krieg nur dann und wann die Kriese, weil das einfach nervt. Ich bespreche gerne die Dramen in der Schule, ich kann mir eine diebische Freude daraus machen, absolut abwegige Interpretationen in diesen oder jenen Satz zu verflechten, aber einmal davon abgesehen, dass das immer grundsätzlich nicht stimmt, bekommst du damit alleine noch keine gute Deutschnote.

Während wir in der Grundschule noch die eine odere andere Bildergeschichte mit diesen blöden Vater-Sohn-Zeug schreiben mussten (hat eigentlich nie jemand darüber nachgedacht, dass diese Geschichten absolut langweilig sind?!), wurden wir im Laufe der Jahre mit Vorgangsbeschreibungen, Erörterungen, einem Kommentar, der Dramenanalyse, der Gedichtinterpretation und einem Bericht bekannt gemacht. Das ist wichtig und wir sollten das kennen lernen und vielleicht auch schreiben, aber nicht in dieser Fülle und mit diesem Leistungsanspruch, dass Menschen, die die Wissenschaft beispielsweise so weit bringen könnten, nicht studieren können, weil ihnen das Deutschabi in die Quere gekommen ist.

Ich schreibe gerne, aber nicht unter dieser Art von Druck und nicht derartige Sachen. Wen kümmert es, dass dieses Asyndeton im Gedicht xy diese oder jene Funktion hat? Das Einzige, dass mich wirklich interessiert, ist das, was das Gedicht mich fühlen lässt. Denn wenn du weißt, dass diese Metapher eigentlich die grausame Stimmung des 18. Jahrhunderts einfangen soll, macht dich das auch nicht zu einem besseren Menschen.

Wir schreiben Deutschaufsätze, um unser Ziel zu erreichen und um das deutsche Kulturerbe zu erhalten, um unzählige Menschen, die niemals Germanisten werden wollen zu quälen und um die Spreu vom Weizen zu trennen, wie wir so schön sagen. Denn wer das Deutschabi nicht schafft, der kann sich bestimmt in Geschäftsbriefen auch nicht ausdrücken und deswegen stellen wir ihn nicht ein, wer sind wir denn?  Schließlich muss ich als Banker oder Ingenier auf jeden Fall wissen, dass Goethe und Schiller nicht in den Vormärz gehören, praktisch Basiswissen.

Aber so oder so könnte ich mich jetzt noch eine ganze Weile über unser Schulssytsem aufregen und es würde nichts dabei rauskommen. Deswegen beende ich das hier mit einem epischen Schlusswort:

Ich habe schon eine Menge Deutschaufsätze geschrieben und jetzt liegen noch zwei weitere und ein Abitur vor mir, ich werde mich durchkämpfen, aber mit kreativem Schreiben hat das nicht viel zu tun, sondern eigentlich nur reines Kopieren von Sätzen, die wir vorher stur auswendig gelernt haben, um sie dann einfach mit anderen Lückenwörtern zu füllen. Dafür bekommen wir dann unser Abi und alle sind glücklich!

Willkommen in dieser sehr intelligenten Welt, in der du mit deinem Handy sprechen kannst.

»Google, wo finde ich mein Vertrauen in die Menschheit wieder?«

Wie seht ihr das? Schreibt oder habt ihr gerne Gedichtanalysen gelesen? Oder wart ihr viel mehr dieser Erörterungsmensch? Was haltet ihr vom deutschen Schulsystem?

Mit freundlichen Grüßen, Itchy

Share it, Baby!